Die christliche Tradition ist nicht irdischen Ursprungs. Was die Christen so sorgfältig bewahren, ist nicht die Erfindung eines Sterblichen. [...] In Wirklichkeit hat der Allmächtige selbst, der Schöpfer aller Dinge, der Unsichtbare, hat Gott selbst unter den Menschen die Wahrheit aufgerichtet, indem er sein Wort, seinen heiligen, unfassbaren Logos, vom Himmel herab sandte und in ihren Herzen verankerte.
Er hat nicht etwa, wie mancher glauben könnte, einen Untergebenen gesandt, einen Engel, oder einen der Geister, die mit irdischen Angelegenheiten betraut sind oder einen, dem die Verwaltung des Himmels anvertraut ist (vgl. Eph 1,21), sondern tatsächlich den „Erbauer und Architekten“ (vgl. Hebr 11,10) des Universums. Durch ihn hat Gott den Himmel geschaffen, durch ihn hat er dem Meer seine Grenzen gesetzt; er ist es, dessen geheimnisvollen Gesetze alle kosmischen Elemente treu befolgen; von ihm hat die Sonne ihre Bahn empfangen, in der sie sich auf ihrem täglichen Lauf bewegen muss; ihm gehorcht der Mond, der die Nacht erhellt; ihm gehorchen die Sterne, die den Mond auf seiner Bahn begleiten. Von ihm haben alle Dinge ihre Bestimmung, ihre Grenzen und Rangordnungen erhalten: die Himmel und alles, was darin ist; die Erde und alles, was auf der Erde ist; das Meer und alles, was im Meer ist; Feuer, Luft, Abgrund, die Welt oben und die Welt unten und was dazwischen liegt: Ihn hat Gott zu den Menschen gesandt.
Und nicht etwa, wie ein menschlicher Verstand annehmen könnte, um eine Tyrannei und Schreckensherrschaft zu errichten und Entsetzen zu verbreiten – keineswegs! Sondern in lauter Milde und Sanftmut hat er ihn gesandt, wie ein König seinen Sohn sendet (vgl. Mt 21,37), als Gott, der er ja war, wie einen Menschen zu den Menschen: um sie zu erlösen durch Überzeugung, nicht durch Zwang. Denn in Gott gibt es keinen Zwang.
Dienstag, 1. Juli : Brief an Diognet
Written on 07/01/2025